Alte Menschen ohne Mobiltelefon und Internet aufs Abstellgleis gestellt?
Ein Mieter berichtet im Interview über seine Odyssee, um einen kaputten Telefonanschluss zu melden und über die Unterstützung durch den MIETNOTRUF der LINKEN in Stuttgart
Herr Moscagiura, 75 Jahre alt, lebt seit 1964 in Deutschland, heute in Stuttgart-Wangen. Nach einem Leben als Gastarbeiter bezieht er eine kleine Rente, die gerade so zum Leben reicht. Herr Moscagiura ist seit dem Mieter-Protest gegen die Mieterhöhungen bei der städtischen SWSG in 2022 mit der LINKEN in Stuttgart in Kontakt. Kürzlich war er wieder mit dem Mietnotruf der Stuttgarter LINKEN im Austausch.
Warum haben Sie sich an den Mietnotruf der LINKEN Stuttgart gewandt?
Das hatte eigentlich nicht unbedingt etwas mit der Wohnung zu tun, sondern mit einem anderen Problem. Ich habe einen Festnetztelefonanschluss über den Anbieter vodafone. Das Festnetz läuft über so einen Router. Ein Handy und einen Computer habe ich nicht, das brauche ich nicht – ich kann damit nicht umgehen und ich kann es mir auch einfach nicht leisten. In den letzten Monaten kam es immer wieder vor, dass der Anschluss nicht funktioniert hat. Ich habe dann immer wieder die vodafone-Box aus- und wieder angemacht. Beim letzten mal blieb die Leitung aber tot. Das ist für mich schon ein Problem, weil ich nur mit dem Festnetz mit anderen in Verbindung treten kann. Ich kann zum Beispiel nicht bei der Hotline von vodafone anrufen, um denen überhaupt zu sagen, dass es bei mir eine Störung gibt…
Was haben Sie gemacht, um das Problem zu beseitigen?
Das war eine ziemliche Odyssee. Ich bin zuerst mit einem Brief mit meiner Kundennummer zum Bürgerbüro in Wangen gegangen und habe gebeten, ob einer der Mitarbeiter für mich kurz bei Vodafone anrufen kann. Mir wurde gesagt, dass dort niemand gerade Zeit hätte dafür, weil Sie zu viel zu tun haben. Eine Mitarbeiterin hat mir geraten zum Gemeindepsychatrischen Zentrum in der Hausmannstraße in Stuttgart-Ost zu gehen, die könnten vielleicht für mich anrufen. Das habe ich dann auch gemacht – mit der U-Bahn und mit dem Bus. Auch dort wurde mir gesagt, dass die Mitarbeiterin, die mir helfen könnte heute nicht da wäre. Ich soll es am nächsten Tag nochmal versuchen. Dann bin ich zum Büro der Linken in Stuttgart-West weitergefahren. Dort hat ein Mann, der sich um das Mitnotruftelefon kümmert, für mich bei Vodafone angerufen.
Konnte dann am Telefon die Ursache für die Störung gefunden werden?
Das war auch gar nicht leicht. Die konnten von der Ferne das Problem nicht feststellen. Sie haben gesagt, dass ein Techniker kommen muss. Ich habe nur am Telefon gehört, dass sich das Gespräch 20 Minuten immer im Kreis gedreht hat. Es ging darum: Wie erfahre ich, wann der Techniker kommt? Die Vodafone-Mitarbeiterin hat immer wiederholt, dass Sie eine Handynummer von mir braucht, damit man den Termin ankündigen kann. Wir haben immer wieder erklärt, dass das nicht geht, weil ich gar kein Handy habe und das Festnetz eben kaputt ist. Ich wollte, dass Vodafone sie eine Postkarte schicken soll mit dem Termin. Aber die Mitarbeiterin hat gesagt: dass geht nicht! Am Ende haben wir, weil es einfach kein Ergebnis gab, gesagt, dass Vodafone bei meinem Helfer von LINKE anrufen soll und ihm den Termin mit dem Techniker sagen soll. Am Ende hat dann DIE LINKE mir die Information persönlich gebracht, wann der Termin mit dem Techniker ist, so dass ich sicher zuhause bin. Das war nett von denen, aber ich finde es unmöglich, dass das nur so ging.
Das klingt sehr nervenaufreibend. Was sollte hier Ihrer Meinung nach verbessert werden?
Es ist nicht in Ordnung, dass diese großen Telefonfirmen alte Menschen zwingen wollen, dass man ein Handy haben muss und dass man Internet und Email benutzen muss. Ich kann und will das nicht! Wie kann es sein, dass diese Firma sich weigert einem Kunden eine Information schriftlich zu schicken, wenn ich doch – wegen Ihrem kaputtem Anschluss – nicht anders erreichbar bin? Ich finde es sollte Gesetze geben, die Firmen zwingen, dass sie Kunden ohne Handy und Email auch per Post helfen müssen.
Ich finde auch, dass Bürgerbüros und soziale Einrichtungen im Stadtbezirk genug Personal haben müssten, um bei praktischen Problemen der Bürgerinnen und Bürger im Alltag auch mal unbürokratisch zu helfen.
Im Alter sollte für alle ein Leben in Würde möglich sein. Und auch das gehört dazu, dass man eigenständig mit der Außenwelt kommunizieren kann und dass man nicht ignoriert wird, bloß weil man kein Handy hat.
(Das Gespräch führe F. Capezzone)
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