Stadt bezuschusst den Austausch von Stromfressern? Klingt gut - aber ist das Programm für Bürger*innen mit kleinem Geldbeutel geeignet? Interview.
Mit einem Gerätetauschprogramm bezuschusst die Stadt Stuttgart seit Juli 2019 den Austausch veralteter, ineffizienter Haushaltsgeräte durch Neugeräte mit der höchsten am Markt verfügbaren Energieeffizienzklasse. Gut für die Umwelt und gut für den Geldbeutel der Bürgerinnen & Bürger sollte man meinen – gerade in Zeiten dramatisch steigender Energiekosten. Die Stadt Stuttgart hält in 2023 200.000 Euro Fördergeld bereit. Soweit so gut. Aber wie gut geeignet ist das Programm, für Menschen mit kleinem Einkommen, die am meisten unter den aktuell stark steigenden Preisen für Strom und Gas leiden? Olivia B., macht derzeit eine unbezahlte Weiterbildung und ist Mieterin bei der städtischen SWSG in Stuttgart. Sie berichtete uns in einer Zuschrift von ihren Erfahrungen mit dem Programm. Daraus ist das folgende Interview entstanden.
Wie sind sie auf das Gerätetauschprogramm der Stadt Stuttgart gestoßen?
Wir haben in unserer Wohnung einen sehr alten Herd und einen alten Kühlschrank, die viel verbrauchen. Wir würden die Geräte gerne austauschen, um etwas Strom zu sparen und auch, um etwas für die Umwelt zu tun. Bei der Internetrecherche bin ich auf das Förderprogramm der Stadt gestoßen.
Wie läuft die Förderung ab?
Es ist so, dass ich die Förderung erst dann beantragen kann, wenn ich die Elektrogeräte gekauft habe und Belege vorlegen kann, darüber welche Geräte ich gekauft habe und welche Energieeffizienz diese Geräte haben. Man muss also in Vorkasse gehen. Nur dann bekommt man die bis zu 150 € pro Gerät als Zuschuss. Und das ist dann auch leider das Problem. Die Stadt berücksichtigt zu wenig, dass sich nicht jeder die Beschaffung dieser Elektrogeräte auf einen Schlag leisten kann. Menschen mit kleinem Budget, z.B. aufgrund einer unbezahlten Aus- oder Weiterbildung (wie in meinem Fall), oder wegen einer niedrigen Rente, können sich diese Anschaffung gar nicht leisten. Einen neuen Kühlschrank Energieklasse C bekommt man kaum unter 400 Euro. Uns würde auch kein Händler Ratenzahlung ermöglichen.
Ich denke, da werden jetzt manche kommen und sagen, man könnte es sich ja zusammensparen. Dass ist aber leider nicht möglich bei Menschen mit geringem Einkommen. Es gibt da ein sehr gutes Zitat von Oscar Wilde: »Sparsamkeit armen Leuten zu empfehlen, das scheint mir ebenso lächerlich wie beleidigend. Es ist, als ob man einem verhungernden riete, weniger zu Essen.«
Auf welche Probleme sind sie noch gestoßen?
Leider gibt es im Programm keine Förderung für einen Standherd mit Backofen. Ich finde statt für einen Geschirrspüler (den wir gar nicht brauchen) sollte unbedingt auch ein Standherd mit Backofen gefördert werden. Schließlich kocht man jeden Tag.
Wie sollte das Programm Ihrer Meinung nach verbessert werden?
Die Stadt müsste einen zusätzlichen Topf einrichten, mit der Möglichkeit eines Darlehens für Menschen mit geringem Einkommen. So wie es jetzt ist, funktioniert das Programm vor allem für Menschen, die gute Einkommen haben. Das ist doch nicht der Sinn der Sache! Außerdem sollte in der Förderung auch der Herd mit Backofen mit aufgenommen werden.
Das Gespräch führte F. Capezzone
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